Schönheit – Genießen

„Ein Tag versinkt, ein Tag steigt auf. Der Frühling muss verfließen und jede Blüte, die verwelkt, ermahnt uns, zu genießen.“

(Alphonse de Lamartine)

"Schönheit ist der Sinn der Welt. Schönheit genießen, heißt die Welt zu verstehen", so der der große Schriftsteller Otto Julius Bierbaum. Wollen wir es wagen?

Es gibt Situationen, die sich besonders eignen, genossen zu werden. Wie an einem Sommerabend, an dem man fühlt, dass ein Gewitter im Anflug ist.

Solche Situationen sind meist in eine Abfolge von angenehmen Erlebnissen eingebunden. Daher nennt man solche Abende schöne Abende. Und insgesamt betrachtet spricht man von schönen Erlebnissen.

Aber es sind nicht Situationen allein, die zum Genuss der Schönheit führen. Will man genießen, so kann man es nur selber tun. Wem andere Dinge wichtiger sind, wer sich die Zeit nicht nimmt, der kann auch nicht genießen.

Situationen mögen sich anbieten, aber ich selbst muss offen für das Erlebnis sein.

"Es braucht zu allem ein Entschließen - selbst zum Genießen." (Eduard von Bauernfeld)

Prickelnde Situationen und schöne Abende geben sich nicht immer die Klinke in die Hand. Ein Gedanke reißt uns heraus, ein Wort erzürnt und Widrigkeiten passieren. Solche Unterbrechungen im Genussfluss werden unschön genannt.

Hier nun gilt es achtsam zu sein und der Unterbrechung nicht zu viel Bedeutung beizumessen. Wenn man dem Unschönen nämlich Aufmerksamkeit schenkt, so fängt es an zu wirken. Positives Denken funktioniert nur deswegen, weil negatives Denken auch funktioniert. Es reicht hier schon, dass wir nur insoweit auf die Widrigkeit eingehen, dass wir sie in Zukunft vermeiden wollen.

"Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt." (Buddha)

Wenn wir Schlechtes denken, werden wir selbst unausgeglichen.  Und alle leiden darunter.

„Niemand kann alles haben, was er will; wohl aber kann er nicht wollen, was er nicht hat, und heiteren Sinnes genießen, was ihm beschert wird.“ (Seneca)

In Deutschland gibt es in der Schule weder ein Fach, das sich mit Weisheit, noch eines, welches sich mit Lebenskunst beschäftigt. Das mag ein Grund sein, warum wir dazu neigen, zu denken, dass wir genießen müssten, wenn wir es doch nicht tun. Und so ganz falsch ist das ja auch nicht. Warum sollte, wer genießen will, nicht auch genießen können?

Natürlich können wir es. Aber wir müssen es nicht. Und der Gedanke, dass wir es sollten ist selst nur hinderlich.

So wenig wie man gezwungen werden kann, zu lieben, so wenig kann man den Genuss dem eigenen Willen Untertan machen. Es sind Augenblicke der Zeitlosigkeit und Freiheit, die uns das Dasein genießen lassen.

Es geht um Innehalten, nicht um Zwang. Es geht um sein lassen, nicht um dein Machen. Wer rastet, der rostet? Wer hastet, der kostet keinen Genuss!

Im Augenblick

Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen;
mein sind die Jahre nicht,
die etwa mögen kommen;

Der Augenblick ist mein,
und nehm ich den in acht,
so ist der mein,
der Zeit und Ewigkeit gemacht.

(Andreas Gryphius)

Was geschieht, wenn alles, was war, nicht zählt; uns alles, was sein könnte, egal ist? Dann wird Zeit frei. Zeit zum Genießen. Zeit, um die Zeit zu vergessen.

Man kann die Zeit aber nur vergessen, indem man sich ihrer bedient: Man muss sich Zeit nehmen, damit man sie vergessen kann. Nicht darauf warten, dass etwas passiert, sondern innehalten und schauen, was passiert.

Zeit wird belanglos, wenn wir uns nur um das Jetzt scheren. Denn Zeit existiert nicht im gleichen Sinne wie das ein Apfel tut. Im Jetzt existiert sie nicht einmal theoretisch. Hier ist Raum für Stille, Raum für Leben, Raum fürs Genießen.

„Wo die Worte aufhören, da fängt erst das Leben an, erschließt sich erst das Geheimnis des Seins“
(Ludwig Feuerbach)

Glücklichsein bedeutet zufrieden sein, denn wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.

Wahrhaft glückliche Menschen sind nicht deshalb glücklich, weil ihnen nie Unglücke passieren, vielmehr haben sie mit den Unglücken des Lebens umzugehen gelernt. Shit happens, nimm es nicht persönlich. Das ist Lebenskunst.

Lebenskünstler wissen, was alles passieren kann, aber sie wissen auch, was nicht. Daher sagen sie und die Weisen sowie Religionen seit Jahrtausenden, dass man gut beraten ist, seine Besitztümer im Herzen zu horten, und nicht in Dingen.

„Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen.“ (Jesus von Nazareth)

Was aber sind diese Schätze im Himmel? Die Besitztümer des Herzens?

Alles annehmen, wie es ist, Zutrauen haben und loslassen können.

"Lerne loszulassen, das ist der Schlüssel zum Glück." (Buddha)

Annehmen ist das Gegenteil von Verweigerung. Ihre Voraussetzung ist Unvoreingenommenheit. Sie nimmt, was kommt. Bescheiden und dankbar.

Bescheidenheit

Bescheidenheit bedeutet sich bescheiden mit dem, was da ist. Sie ist Voraussetzung dafür, etwas zu genießen, anstatt anderes zu suchen. Sie ist der Fund von Großem im Kleinen. Ein Hort für nichts und alles. Wer zufrieden sein will, sollte zunächst bescheiden werden.

"Innere Größe besteht darin, sich zu bescheiden und zu beschränken."
(Michel de Montaigne)

Dankbarkeit

Dankbarkeit ist die Wertschätzung dafür, dass etwas so ist, wie es ist. Sie ist in dieser Hinsicht das Gegenteil von Selbstverständlichkeit. Dankbarkeit drückt sich in der Freude darüber aus, wie etwas ist. Sie setzt das Bewusstsein, dass es auch anders sein könnte, voraus.

"Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind."
(Sir Francis Bacon)

Zutrauen ist der Glaube an Möglichkeit trotz Widrigkeit. Es ist kein blinder Optimismus, der enttäuscht werden kann, sondern eine positive Lebenseinstellung, die sich nicht widerlegen lässt. Sein Keim ist die Hoffnung, seine Blüte Zuversicht.

Hoffnung

Hoffnung ist die Weigerung, Schlechtes für ausgemacht zu halten. Und der zarte Glaube daran, dass letztlich alles gut werden wird. Sie ist die Voraussetzung dafür, die Zukunft positiv zu sehen.

"Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können."
(Jean Jaurès)

Zuversicht

Zuversicht ist sehender Optimismus. Sie ist die Voraussetzung für Sorglosigkeit und das Gegenteil von Schwarzmalerei. Sie ist positives Denken und ermöglicht selbstbewusstes Handeln.

 "Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden."
(Mark Twain)

Loslassen ist die Befreiung von etwas, das man nicht halten kann. Es ist Hingabe in den Strudel des Lebens. Es ist der Abschied einer vermeintlichen Kontrolle. Loslassen setzt Annahme voraus und schenkt Leben. Es geschieht in Freiheit und führt zu Weisheit.

Freiheit

Freiheit bedeutet tun zu können, was man will. Denken zu können, wenn man will. Und fühlen zu können, was ist. Sie setzt das Bewusstsein der eigenen Wünsche und Sehnsüchte voraus und lässt sie hinter sich.

"Nur die Verbesserung des Herzens führt zur wahren Freiheit."
(Johann Gottlieb Fichte)

Weisheit

Weisheit ist das praktische Wissen um sein eigenes Nichtwissen. Sie kommt der Voraussetzung zuvor.  Sie ist weder Anfang noch Ende und beides zugleich. Ihr Licht ist Harmonie und ihre Strahlen sind Güte.

"Sei selbst die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst."
(Mahatma Gandhi )